Giuliani

Mixed media, 2016
Exhibition views MUSA, Vienna, Austria

Im November diesen Jahres schickt mir Gabi  einen Bildergruß aus New York: Fotos eines riesigen, blau angestrahlten Kugelbaus – die `Digester Eggs´ der Newtown Creek- Wasseraufbereitungsanlage, des Klärwerks zwischen Brooklyn und Queens. Während der französische Revolutionsarchitekt Étienne-Louis Boullée mit seinem 1784 entworfenen `Kenotaph für Newton´ – einem monumentalen, kugelförmigen Bau – die Größe der Aufklärung vor Augen stellen wollte, wird in den Digester Eggs der Dreck aus Greenpoint verdaut. Und während Gabi neu im Müllgeschäft ist, schwingt beim Titel der Ausstellung „Guiliani“ doch sofort auch ein Hauch von Mafia und ihrem big business mit dem Abfall mit. 

Doch Gabis Mulde enthält nicht mal Müll. Natürlich nicht. Das ist nur eine Behauptung – wie alles im Ausstellungsraum, selbstverständlich. Die Mulde ist damit ein Verweis; ein Display, sagt Gabi. Wie der Mistkübel mit gelockerter Bodenklappe, der seinen Inhalt großzügig auf dem Gehsteig verteilt – wodurch der Trottoir zum Ausstellungsraum wird.

Gabis Müll ist also ein Verweis, eine Behauptung. Denn der “Müll”, das sind Skulpturen aus dem Hause Edlbauer, die die Mulde zur Vitrine umfunktionieren. Eine Verschiebung, die weniger Dreck und Abfall assoziiert, als den Pin-up-Kalender in der Autowerkstatt bei Billy Joel. Eine musicalhafte Überzeichnung und also Verkehrung von Alltäglichem. Gabis Pin-Up-Kalender enthalten Werkzeuge und aufgepimpten Hausrat aller Art.

Da gibt es Ratschen mit Mistkübeldeckelöffnerköpfen zum schüchtern-schnellen  Mülltonnenbodenöffnen für das Flyerfoto und Hämmer mit Feierabendbieröffnerrückseite aus Gußplaste, ein Bauarbeiterinnenglück. Da sind Minianacondadoublikate aus Hartgummi, oh my gosh, und Aschenbecher mit Straußenklumpfuß. Nur glühende Kühe wie in M.I.A.s `Bring the Noize´ und Müllschweine, wie ich sie am Lago Nicaragua gesehen hab, fehlen in diesem Repair-toi aus Skulpturkonjunktionen im Muldendisplay. Sonst ist eigentlich alles da, was auf Müll und Mulde reimt.

Um 1800 plant Jean-Jaques Lequeu, auch einer der sogenannten Revolutionsarchitekten, ein olfaktorisches Jagdschloss, in den 1980ern wurde „Rudy“ Giuliani  als Bundesstaatsanwalt für seine “Monsterprozessse” gegen die Mafiabosse der Fünf Familien New York bekannt. Gäbsters Müllmulde bleibt geruchlos, Boullées Kenotaph wurde niemals gebaut.

Text by Sarah Sander